Die Lücke

(Costa Rica & Panama)

9.5.2015 - Panama City (43455 km)

Costa Rica wird gern als die "Schweiz Mittelamerikas" bezeichnet. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Das Land steht wirtschaftlich gut da, insbesondere im Vergleich zu seinen Nachbarn, es ist seit Jahrzehnten politisch stabil - und in den höheren Lagen erinnert tatsächlich das Landschaftsbild mit Nadelbäumen und schwarzweißen Kühen auf den Weiden ein wenig an Mitteleuropa.

Dort oben, in der Höhe, ist es angenehm kühl, wie an einem Sommertag in Deutschland. Mittags komme ich in Zarcero an, knapp 2000 Meter über dem Meer. Die Gegend ist bekannt für ihren Käse, der in ganz Costa Rica verkauft wird. Zarcero liegt auf dem Kamm einer Bergkette, die das Tiefland im Osten vom Tiefland im Westen trennt und damit den Atlantik vom Pazifik. Nur gut 100 Kilometer liegen in Costa Rica an der engsten Stelle zwischen den Ozeanen. Es ist ein immer schmaler werdender Landstreifen, der sich von Guatemala bis nach Panama zieht, um Nord- und Südamerika zu verbinden. Fünf der sieben Staaten Mittelamerikas haben Küste an beiden Weltmeeren, nur El Salvador (am Pazifik) und Belize (am Atlantik) reichen nicht zu beiden Seiten.

Der kurze Aufenthalt in den Bergen ist wie ein Erholungsurlaub, doch die tiefen Lagen machen mich fertig. In Costa Ricas Tiefland ist es noch heißer und vor allem schwüler als in Nicaragua. Man kann sich daran gewöhnen, dass die Kleidung ständig klatschnass vom Schweiß ist, selbst in der Ebene, wo man fast widerstandslos dahinradelt. An der kleinsten Steigung aber bricht der Schweiß in kleinen Strömen aus. Das salzige Wasser tropft von den Hosenbeinen in die Strümpfe, in den Sandalen macht es schon in den Morgenstunden "Quatsch-quatsch!".

 

Steigungen von 20% sind in Costa Rica nicht selten (Foto: Pedro Ferrer)

 

Manchmal bleibe ich am Berg in der prallen Sonne stehen, weil ich völlig ausgepumpt bin. Mit den vielen, aber kurzen Hügeln fahre ich oft 1000 Höhenmeter am Tag, erreiche aber nie die kühlen Regionen. Die stechende Sonne wird in den Mittagsstunden brutal, sie wandert hier im April durch den Zenit. Schatten gibt es auf der Straße nicht. 100 bis 120 Kilometer sind für mich meistens das Limit. An einem Tag im Juni 2013 in Kasachstan fühlte ich mich nach 220 Kilometern erholter als in Costa Rica mittags nach 70 Kilometern.

Im Hochland von Costa Rica

Und dann kommt plötzlich auch noch schwerer Durchfall hinzu. Ein weiterer Kanal, aus dem das Wasser strömt. Was ich trinke, will nach wenigen Minuten wieder raus. Ich werde so schwach, dass ich mehr als eine Woche Pause in Quepos mache.

Danach schleppe ich mich bis nach Panama City quasi von Hostel zu Hostel. Für Umwege und Ausflugstouren fehlt mir die Kraft und bei der dampfigen Hitze auch die Motivation. Außerdem sind die klassischen touristischen Trips in Costa Rica und Panama recht teuer. Costa Rica ist ein wunderschönes Land, aber wie auch Belize eher das Ziel für einen Urlaub in einer Lebensphase, in der man in Lohn und Brot steht, weniger geeignet für Langzeitreisende, die auf ihr Budget achten müssen.

Die Sonne steht im Zenit ...

... und heizt den Kilometerzähler auf 50 Grad auf.

 

 

 

 

 

Mittelamerika und Südamerika werden durch eine natürliche Grenze getrennt, durch den dichten Darién-Dschungel. Er bildet das sogenannte Darién Gap, eine Lücke in der Panamericana, der berühmten Straße, die sich durch Nord-, Mittel- und Südamerika zieht. Die Panamericana endet im panamesischen Yaviza, erst etwa 200 Kilometer weiter südlich beginnt in Kolumbien die Fortsetzung.

Während man früher den Dschungel noch mühevoll zu Fuß und in Booten durchqueren konnte, kommt dieser Weg heute nicht mehr in Frage. Der Darién ist mehr und mehr zum Rückzugsgebiet von Rebellen und Drogenhändlern geworden. Das Grenzgebiet zwischen Panama und Kolumbien ist vollkommen rechtlos, schon viele Menschen sind hier für alle Zeiten verschwunden.

Für Reisende mit dem eigenen Auto war die Unterbrechung der Panamericana immer sehr teuer. Sie mussten ihr Fahrzeug per Container verschiffen und konnten es dabei nicht einmal begleiten, sondern mussten das Darién Gap überfliegen.

Die Cashew-Nuss ist das Anhängsel einer vitaminreichen Frucht.

 

Allgemeines Aufatmen bei allen Globetrottern dann vor einem guten halben Jahr: Eine Fähre nahm den Betrieb zwischen Cartagena in Kolumbien und Colon am Panama-Kanal auf. Ein italienisches Schiff, das bisher zwischen Kroatien und Italien hin und her fuhr, mit einer Kapazität für 500 Fahrzeuge und 1300 Passagiere. Gute Neuigkeiten, die mich erreichten, als ich mit Wolfgang durch Kalifornien radelte.

Panama City

Doch ich komme zu spät in Panama City an. Das Schiff ist mir quasi vor der Nase weggefahren, vor einer Woche hat es zum letzten Mal in Colon abgelegt. Angeblich ist Saisonende. Gerüchte sagen, der Betrieb habe sich nicht rentiert, andere Gerüchte sagen, nötige Genehmigungen hätten gefehlt. Wahr scheint zu sein, dass das Schiff auf dem Weg zurück ins Mittelmeer ist. Dass es im Oktober zurückkommt, ist Spekulation.

Fliegen möchte ich nicht, auch wenn das nun die günstigste Lösung wäre. Derzeit sitze ich in Panama und suche nach einem Weg, doch noch irgendwie über das Meer nach Kolumbien zu kommen.

 
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